Weser Kurier

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Brian Parrish veröffentlicht neues Album „Traveller“ als Gesamtkunstwerk aus Musik, Texten und Bildern
Klingende Souvenirs von vielen Reisen
Lars Fischer 21.04.2016 0 Kommentare
Brian Parrish © Lars Fischer

Brian Parrish hat auf seiner neuen CD „Traveller“ Eindrücke seiner vielen Reisen verarbeitet und nicht nur in Musik, sondern auch in Texten und Bildern festgehalten. (Lars Fischer)

Brain Parrish ist seit mehr als einem halben Jahrhundert Rockmusiker. Als er in den 60er-Jahren anfing, professionell Musik zu machen, war das am Markt entscheidende Medium noch die Vinyl-Single, die dann von der LP abgelöst wurde. „Wir waren heiß auf jedes neue Album, und dazu gehörte auch die Haptik“, erinnert er sich. Die großformatigen Cover waren oft Kunstwerke für sich, bedruckte Innenhüllen, opulente Klappcover oder zumindest das Backcover lieferten weitere Informationen, Bilder, Songtexte oder manchmal zusätzliche Linernotes. Das ist schon im CD-Zeitalter deutlich unwichtiger geworden und in Zeiten von Downloads völlig irrelevant. Lieder sind Dateien, ein paar beliebige Megabytes zum schnellen Hören nebenbei, flüchtiges Alltags-Beiwerk. Nicht, dass Parrish sich Entwicklungen widersetzt, aber er möchte seine Musik in einem anderen Kontext präsentieren und es dem Hörer überlassen, ob der tiefer eintaucht – oder eben nicht.

Im Sonderzug des letzten Sultans

So gibt es auf „Traveller“ zu jedem Lied nicht nur Lyrics und zusätzliche Informationen, sondern auch Fotocollagen mit mehr oder weniger offensichtlichen Anspielungen. Die Idee hinter den 13 Stücken ist, das Leben als eine Reise zu beschreiben. „Wahrscheinlich bin ich nicht als erster darauf gekommen“, gibt Parrish zu, aber für ihn sind Reisen neben der Musik selber eine wichtige Inspiration. Gerade ist er aus der Türkei zurückgekehrt und berichtet davon, wie er im Sonderzug des letzten Sultans saß. Im Song „Kandy Road“, bei dem sich an Dire Straits erinnernde Momente mit asiatischen Klängen verbinden, beschreibt er einen Trip durchs verregnete Sri Lanka.

Sind die Lieder wie einzelnen Etappen, so ist die Musik die nicht endende Fortsetzungsstory seines Lebens, ist der Sänger und Gitarrist überzeugt. Dabei legt er sich nicht auf einen Stil fest, kommt aber immer wieder auf amerikanische Prägungen zurück. Das ist neben dem Blues mal ein wenig funkiger Soul wie in „Slow riding“, rockiger oder balladesk. Und die Themen der Stücke haben natürlich ebenso wie die Illustrationen mehrdimensionale, übertragbare Inhalte.

Im Intro „Land of night games“ geht es um Träume, in „Talk to me“ um Kommunikation oder in „Don‘t waste my time“ um die Zeit, die einem bleibt, all das zu sagen, was einem wichtig ist. Für Brian Parrish, Jahrgang 1947 und von schwereren Erkrankungen nicht verschont geblieben, ein großes Thema.

Aber neben den existenziellen Dingen bleibt auch Raum für augenzwinkernde Spielereien. Da sind beispielsweise die beiden Stromboli Brothers, die aussehen wie italienische Fliegerlegenden aus dem Ersten Weltkrieg und angeblich neben weiteren befreundeten Musikern wie Blue Weaver, Thomas Denzin, Claudia Brinkmann oder Melanie Stahn mitspielten. Erst ein zweiter Blick zeigt, dass es in Wirklichkeit Brian Parrish und Jochen Laschinsky (Ex-Mushroams, Blax) sind. In Laschinskys Odem-Studio in Lilienthal und in seinem eigenem Studio hat Parrish die CD auch eingespielt. Den letzten Schliff hat Steff Ulrich den Aufnahmen in Bremer Palais aux Etoiles verpasst.

Der Schlagzeuger, der auch in Parrish‘ Liveband oder bei Velvetone und Dimple Minds trommelt, sei sein wichtigster Partner für diese Produktion gewesen, sagt Brain Parrish. Er fungiert ferner als Co-Produzent und erledigte das Mastering, die finale Abmischung, vor allem aber stand er dem Komponisten und Hauptakteur als konstruktiver Kritiker zur Seite. „Er gibt mir sozusagen die Stereo-Perspektive“, sagt Parrish, der nach einer Tumor-Operation nur noch auf einem Ohr hören kann. So ist es auch kein Witz, dass Parrish seinem Hörgeräte-Techniker im Booklet der CD dankt, denn ohne ihn würden dem musikalischen „Traveller“ doch viele Eindrücke entgehen. So aber geht die Reise weiter.